Lie to me – Der Körpersprachecode | Lorenz-Seminare

Wir geben uns viel Mühe, Sprachen zu erlernen – erst zu Hause, dann in der Schule und danach in Kursen oder im Selbststudium. Englisch steht als internationale Geschäftssprache hoch im Kurs, aber auch die Sprachen der Länder, die gerade wirtschaftlich boomen, verbreiten sich rasend schnell über die Kontinente. Eine Sprache allerdings verschwindet mehr und mehr ins passive Abseits, ohne dass wir dies bewusst wahrnehmen. Dabei hat sie völlig grenzüberschreitend für alle Menschen am meisten Bedeutung: die Körpersprache. Spätestens die populäre Serie „Lie to me“ hat es auf breiter Ebene deutlich gemacht: Es ist an der Zeit, dass wir die Körpersprache in den alltäglichen Gebrauch zurückholen. Was sich im Privaten bereits als spannend erweist, ist in professionellen Verhandlungssituationen mehr denn je unverzichtbar.

 

Schöne neue Welt

koerpersprache 02„Was willst du von mir?“ Hier bestimmt noch Skepsis das Mienenspiel.Kommuniziert wird viel und oft. Wir leben in einer Welt, in der Information und Kommunikation inzwischen eine außergewöhnlich hohe Dominanz in allen Lebensbereichen hat. Doch sind wir auch besser geworden im Verstehen dessen, was wir aufnehmen? Haben wir gelernt, uns deutlicher auszudrücken, damit unsere Botschaften wirklich ankommen? Vieles spricht dagegen. Gerade in modernen Unternehmen und Organisationen leiden Mitarbeiter und Führungskräfte unter der täglichen Informationsflut.

Ein permanent überfüllter E-Mail-Eingang und das Dauerpiepsen unserer Smartphones dominieren zunehmend den Arbeits- und Tagesablauf. Wir informieren uns in Online – Foren, treten Communities bei und surfen durch virtuelle Welten. Der Aufwand dafür ist enorm hoch. Viele Menschen sind beruflich wie privat lückenlos „online“. Gut informiert zu sein suggeriert Wissensvorsprung. Dabei bleibt uns zu wenig Zeit für eine gedankliche wie emotionale Verarbeitung und noch weniger für die direkte Kommunikation und Begegnung mit Gesprächspartnern. Unsere ureigenen Fähigkeiten der Wahrnehmung, allen voran die Verständigung mit körpersprachlichen Signalen, befinden sich folglich in einem Prozess fortschreitender Degeneration. Ungenutzt und ungeübt verstecken sie sich immer mehr im Unterbewussten. Je weniger Übung wir in der Interpretation von Körpersprache haben, desto weniger nutzen wir sie gezielt in Gesprächen. Unsere Körpersprachekompetenz schläft langsam ein und ein Teufelskreis entsteht, der sich selbst ernährt und dessen Entwicklungsspirale steil abwärts führt.

Der Körper spricht für unsere Seele

koerpersprache 03„Ich weiß noch nicht recht.“ Die ablehnende Geste ist nur noch gespielt, Neugier überwiegt im Ausdruck.Die allererste Sprache, die wir Menschen erlernen und zeigen, ist die Körpersprache. Egal ob wir uns wohlfühlen, Hunger verspüren, Zuneigung möchten oder einfach mal unsere Ruhe brauchen – schon als Baby und Kleinkind drücken wir uns recht klar aus. Die Fähigkeit zu dieser Sprache ist uns quasi in die Wiege gelegt und geht – im Prinzip – nie wieder verloren. Wenn wir sie allerdings nicht bewusst gebrauchen, uns nicht im Lesen dieser Sprache üben, dann gerät sie ins Unterbewusste und außerhalb unserer kognitiven Reichweite. Wir fühlen und ahnen zwar etwas bei der Wahrnehmung eines Gesprächspartners, können jedoch die Signale nicht konkret in unser Kommunikationsverhalten einbeziehen. Körpersprache benötigt ebenso Übung im Gebrauch wie alle anderen Ausdrucksformen, über die wir verfügen. Die Signale auf körpersprachlicher Ebene entsprechen nicht direkt unserer verbalen Sprache, die wir ja laufend benutzen. Sie ist sehr viel enger mit unseren Emotionen, als mit unserem Verstand verknüpft. Samy Molcho, Pantomime und Lehrer, drückte das wunderbar aus: „Der Körper ist der Handschuh der Seele, seine Sprache das Wort des Herzens.“ Und unser Gefühl lügt nicht. Der Verstand mag planen, kalkulieren und bewusstes Verhalten an den Tag legen. Unser Gefühl findet jedoch im Hier und Jetzt statt, es ist akut und momentbezogen. Körpersprache ist eine unmittelbare Reaktion auf alles, was in unserer direkten Umgebung für uns wahrnehmbar passiert – vor allem in direkten Kommunikationssituationen. Sie spricht und drückt aus, was in uns passiert, welche Haltung wir zu etwas einnehmen, welche Gefühle wir zu einer Sache oder einem Gesprächspartner hegen.

Erst Kontext schafft Klarheit

koerpersprache 01Körpersprachecode: Erst die Kombination mehrerer Aspekte schafft das richtige VerständnisWichtig in diesem Zusammenhang: Wir fühlen noch bevor wir denken! Daher zeigt Körpersprache oft sehr viel mehr und sehr viel deutlicher, was unser Mund verkündet. Gelegentlich sagen wir sogar das Gegenteil von dem, was wir eigentlich fühlen, denken oder anstreben. Wie können wir nun diese Signale entschlüsseln, sie für uns verständlich machen und nutzen? Dazu sollten wir schon einmal zwei Richtungen an Signalen unterscheiden. Es gibt Signale, die eine Art bewusste Vereinbarung sind. Beispielsweise, wenn wir mit Händen und Fingern zählen: Eins, zwei, drei.. Dann weiß unser Gesprächspartner recht genau, dass es sich hier um einen Zahlencode handelt. Von diesen Signalen gibt es viele und sie sind mit dem Kulturkreis, in dem sie angewandt werden, verbunden. Ein Beispiel: Während wir in Deutschland von der geschlossenen Hand einen Finger nach dem anderen ausstrecken, um hochzuzählen, findet dies in Süditalien in genau umgekehrter Richtung statt: Dort wird von den ausgestreckten Fingern einer nach dem anderen geschlossen, um hochzuzählen. Für all diese bewusst vereinbarten Signale brauchen wir also den „ortsüblichen“ Code, der sich aus der jeweiligen Kultur heraus ergibt. Die dem Menschen angeborenen Signale sind dagegen über Kulturgrenzen hinweg verständlich. Sie leiten sich im Wesentlichen von unseren Körperfunktionen ab bzw. von den Körperteilen, die damit verbunden sind. Hier einige Beispiele: Fassen wir uns während eines Gesprächs auf eine Äußerung des Gegenüber als direkte Reaktion hin ans Ohr, so kann das bedeuten: „Ich habe das noch nicht ganz verstanden.“ So, als würden wir die Funktionstüchtigkeit unseres Ohres überprüfen. Fassen wir uns dagegen bei gleicher Situation an die Nase oder kneifen sie sogar zu, so kann das bedeuten: „Das, was du mir gerade sagst, stinkt mir. Ich kneife mir die Nase zu, damit ich es nicht riechen muss.“ Doch ist das immer so? Ein klares „Jein“. Körpersprache findet stets im Kontext des sonstigen Geschehens statt. Unsere Nase kann also auch gejuckt haben, weil wir gerade Schnupfen haben und ans Ohr haben wir gefasst, weil uns dort die halblangen Haare kitzelten. Haltung, Mimik und Gestik sind gekoppelt an alle anderen Vorgänge und Ereignisse während eines Kommunikationsvorgangs. Daher werden sie erst dann „sprechend“ und aussagekräftig, wenn sie kombiniert wahrgenommen und interpretiert werden.

Offen oder verschlossen, wahr oder falsch?

koerpersprache 04Jetzt ist alles okay: „Ich fühle mich geborgen.“Grundlegende körpersprachliche Elemente sind das Öffnen und das Schließen. Eine entgegengestreckte, offene Hand bietet an, verschränkte Arme dagegen wehren eher ab. Ein offener Gesichtsausdruck signalisiert: „Ich bin offen für deine Ideen und Gedanken.“ Zusammengekniffene Augen machen Skepsis deutlich.

Die Kombination dieser Signale zeigt dem bewusst Wahrnehmenden recht deutlich an, ob sein Gegenüber die Wahrheit erzählt, mit seiner Meinung hinter dem Berg hält oder sogar lügt. Einfach zu erkennen? Nein, auf keinen Fall. Aber mit Fachwissen und gutem Training durchaus erlernbar.

Einsatz in der Praxis

Für Professionals in Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch für kommunikationsstarke Privatpersonen bildet die Entschlüsselung der Körpersprache ganz hervorragende Möglichkeiten, die Kommunikations- bzw. die Verhandlungskompetenz zu erweitern. Gesprächspartner können besser verstanden und die eigenen Botschaften klarer, wirkungsvoller mitgeteilt werden. Ob in politischen Begegnungen, Gesprächen zwischen Unternehmern und Betriebsräten, Verkaufssituationen oder in Auseinandersetzungen mit Menschen, mit denen wir Wichtiges zu klären haben – wir sind als Menschen darauf angewiesen, eine gut funktionierende Kommunikation zu erreichen. Wir wollen wissen, ob unsere Gesprächspartner tatsächlich meinen, was sie sagen. Wir wollen wissen, woran wir sind und klarer fühlen, wie wir selbst zu den Dingen stehen, die erörtert werden. Eine gute Nachricht: Vor allem das Lesen und Verstehen körpersprachlicher Informationen lässt sich in recht kurzer Zeit erlernen und trainieren.

In ganz besonderen Situationen und bei wichtigen Verhandlungen werden heute immer öfter Körpersprachecoaches wie z.B. Kommunikationsbegleiter in Wirtschaft und Politik hinzugezogen. Sie übernehmen die Aufgabe, parallel zur verbalen Auseinandersetzung durch eine Analyse der körpersprachlichen Signale der Verhandlungspartner mehr Klarheit zu schaffen: Wer spricht über Reales, wer konstruiert sich etwas zusammen, wer hat noch Zweifel, wer kann sich bereits anfreunden mit den erreichten Gesprächsergebnissen?