Eine erfolgreiche Messe braucht viele fleißige Hände: eine tolle Standgestaltung, spannende Angebote und Exponate, gute Promotion im Vorfeld und anderes mehr. Vor Ort jedoch ist dann ein Faktor absolut dominierend: Das Team auf dem Stand. Wenn Besucher und Mitarbeiter aufeinander treffen, entscheidet sich, ob sich die ganze Vorarbeit und Investition gelohnt hat.
Higher Self. Und nichts sonst.
Gehen wir über eine typische Industriemesse, dann bietet sich folgendes Bild: Stände, die sich vor Besuchern kaum retten können auf der einen Seite und gähnende Leere und fast bedrückende Ruhe auf der anderen. Was genau macht den Unterschied? Was macht den einen Stand zum Besuchermagneten und was läuft bei anderen so gravierend falsch?
Menschen suchen Menschen UND Menschen fühlen sich dabei vor allem von denjenigen angezogen, die Glück, Zufriedenheit und auch Begeisterung ausstrahlen. Es ist ein Gefühl von “je näher ich diesem Glücksgefühl komme, desto eher nehme ich daran teil.” Der Zustand, in dem wir diese positive Lebenseinstellung fühlen und ausstrahlen, nennen wir Higher Self. Befinden wir uns in diesem Zustand, dann kommt uns im Grunde genommen alles zugeflogen, was wir erreichen wollen, kreative Gedanken, geschicktes Hantieren, Fleiß, Selbstvertrauen – und auch andere Menschen, wie die Besucher einer Messe. Wir wirken anziehend auf andere, ganz von innen heraus. Nicht gespielt, sondern spürbar authentisch.
Wie nun kann ein Einzelner in sein Higher Self rutschen? Wie sogar ein ganzes Team?
Ernsthafte Messearbeit besteht nicht nur aus Promotionbegleitung und Standbau. Es braucht genau diese Art von Vorbereitung, die Experten und ein komplettes Team vom ersten Augenblick an genau in dieses Higher Self hineinversetzen. Welche Komponenten bewirken das? Bei einzelnen Menschen ist dies häufig eine Kombination von Selbstvertrauen, Lebenslust, Neugier, Freude am Wachsen und sich entwickeln, motivierende Ziele, gute Kommunikationspartner und auch die Gesundheit spielt eine Rolle. Will man ein ganzes Team in den Flow, in ein Higher Self versetzen, kommen dann gruppendynamische Prozesse hinzu. Aus vielen Einzelnen wird eine Gruppe, aus einer Gruppe von Individuen ein zusammengeschweißtes Team. Die Phasen, in denen diese Teamentwicklung ganz typischerweise stattfindet, haben Francis & Young empirisch untersucht und Bruce Tuckman hat daraus die sogenannte Teamuhr als Modell aufgestellt.
Ein Messetraining / Messebriefing nutzt im zeitlich unmittelbaren Vorfeld einer Messe genau dieses teamdynamische Modell kombiniert mit den Arbeitszielen (z.B. Leads) und Inhalten (Exponate, Argumentation, Themen), um das Standteam quasi in einem Atemzug zu motivieren, wie auch inhaltlich sattelfest zu machen.
Phasenmodell nach Francis, Young und Tuckman
- Forming: Einstieg, Kontakt und Finding
- Storming: Mit den wichtigsten Punkten auseinandersetzen und diese dadurch verinnerlichen
- Norming: Spielregeln für das Team vereinbaren
- Performing: Arbeit und Leistung (die Messe selbst!)
- Adjourning: Auflösungsphase mit Erfolg und positiven Eindrücken
Je anziehender und kompetenter das Team rüberkommt, desto mehr Erfolg stellt sich auf dem Stand ein. Arbeiten im Higher Self vom ersten bis zum letzten Besucher auf dem Stand. Nichts weniger ist gefragt.
Ein paar Tipps für die Praxis
Das Briefing selbst
Die Messeteilnehmer sind gespannt auf die Ziele und besonderen Themen des anstehenden Events. Sie benötigen Informationen zur Organisation, zum Gesamtablauf und zu Verantwortlichkeiten. Es wird eine klare, prägnante Orientierung geboten. Zur Orientierung gehört auch eine visuelle, räumliche Ansicht des Messestands und der Halle, in der ihr Messestand stehen wird. Jeder möchte schließlich wissen, an welchem Platz er genau eingesetzt wird.
Beziehen Sie von Anfang an alle Teilnehmer aktiv ein. Beispiel: Lassen Sie jeden Einzelnen sich selbst und seine Rolle auf der Messe kurz persönlich vorstellen.
Kreatives und Konstruktives
Im nächsten Schritt steht die konstruktive Auseinandersetzung mit den wichtigen Rollen, Aufgaben und Inhalten an. Erst wenn alle im Team ihre eigenen Gedanken einbringen konnten, kann das gemeinsame Etwas, der Teamkonsens, entstehen. Geben Sie also in diesem zweiten Schritt der Gruppe die Gelegenheit zur Diskussion und lassen Sie auch kontroverse Meinungen zu. Je stärker die Gruppe in die Inhalte und Ziele eintaucht, desto mehr verinnerlichen Sie diese. Tipp: Teilen Sie die Gruppe (falls groß genug) und vergeben Sie, mit etwas Zeitdruck versehen, jeweils Aufgaben, deren Ergebnisse nachher im Plenum vorgestellt werden. Beispielaufgaben: Wie wollen wir Messebesucher besonders aktiv ansprechen? Wie gehen wir mit Stoßzeiten um, an denen besonders viel los ist auf dem Stand? Wie zeigen wir uns den Kunden gegenüber besonders sympathisch? Was fördert unser Team-Higher-Self?
Das persönliche Commitment
Jetzt gilt es, Ziele, Inhalte, Menschen und Motivation zu einem Ganzen zu verschmelzen. Ein Team, die gemeinsame Leistung, der gemeinsame Erfolg. Einfache Spielregeln festlegen, wie auf der Messe mit dem Team selbst und den Besuchern umgegangen wird. Dazu gehören auch die Rolle der Standleitung und deren konkrete Aufgaben während des Events.
Kennen Sie das aus dem Sport, vielleicht aus dem Fernsehen, wenn vor einem Spiel Trainer und Spieler noch einmal einen Kreis bilden, die Köpfe zusammenstecken und quasi Eins werden? Genau dieses Einschwören bestimmt auch den Schlusspunkt der Messebriefings und ist gleichzeitig der Auftakt für den Start der Standarbeit. Anziehungskraft und Motivation, das sind starke Gefühle und genau auf der Gefühlsebene sind sie auch abrufbar.
Tipp: Bilden Sie einen Kreis. Stecken Sie die Köpfe zusammen. Fragen Sie (bzw. wird dies i.d.R. der Messetrainer tun) jeden Einzelnen nach seinem ganz persönlichen Beitrag zum Messeerfolg und lassen Sie diesen in einem kurzen, prägnanten Statement formulieren. Dadurch bilden sich der gemeinsame Teamgeist und die Überzeugung, dass jeder ein wichtiger Teil des gemeinsamen Erfolges ist. Ihr Team-Higher-Self startet jetzt.
von Karl Heinz Lorenz, Trainer bei Lorenz-Seminare