Seit Jahrtausenden bilden Mensch und Hund eine unschlagbare Symbiose, man kann den Hund demnach mit gutem Gewissen als sechsten Sinn des Menschen bezeichnen. Hunde und dessen Urinstinkte werden schon seit sehr langer Zeit beim Jagen und zum Hüten eingesetzt. Der Mensch hat aber auch erkannt, dass sich diese Urinstinkte fast beliebig weiterentwickeln und nutzen lassen. Als gute Beispiele dafür dienen der Drogensuchhund, der Rettungshund oder der Blindenhund. Doch diese auf den ersten Blick sinnvolle und nachvollziehbare Aufgabenerweiterung ist bei Weitem nicht alles. Der Mensch macht sich durchaus auch zu Nutzen, dass der Hund einfach nur Hund ist und dadurch das menschliche Leben positiv beeinflusst. Es hat doch bestimmt schon fast jeder ein Kind mit einem Hund beim wilden Spielen beobachtet und dabei die pure Lebensfreude auf beiden Seiten feststellen können.
Selbst im Business Umfeld macht man sich den Hund immer mehr zu Nutze. So haben Hunde nachweislich einen positiven Einfluss auf die Unternehmenskultur und das Wohlbefinden der Mitarbeiter (unter anderem in diesem Artikel zu lesen). Das haben unter andere auch zwei der weltgrößten und fortschrittlichsten Unternehmen erkannt. Amazon “beschäftigt” circa 6.000 Vierbeiner. Google geht sogar so weit und bezeichnet sich selbst als “dog company”.
Mir stellt sich die Frage: Warum nutzen wir die fabelhaften Eigenschaften von Hunden nicht zu einem noch größeren Ausmaß? Zum Beispiel als Co-Trainer in der Erwachsenenbildung. Und genau hier setzt hundegestütztes Führungstraining nach dem coachdogs® Prinzip an.
Warum ist hundegestütztes Training erfolgreich?
“Ich habe große Achtung vor der Menschenkenntnis meines Hundes. Er ist schneller und gründlicher als ich.”
Otto von Bismarck (1815-1898), deutscher Politiker und Staatsmann
Otto von Bismarck hat vor langer Zeit erkannt und festgehalten, dass Hunde über eine sehr gute Menschenkenntnis verfügen. Doch was steckt tatsächlich hinter dieser Einschätzung? In aller Kürze: Hunde sind extrem aufmerksam und haben eine feinfühlige Wahrnehmung. Sie geben dem Menschen direktes und wertfreies Feedback. Dabei sind sie stets kongruent und haben keine “hidden agenda”. Sie folgen dem Menschen nur auf nachhaltige Art und Weise, wenn ein angemessener Führungsstil angewendet wird und ein Vertrauensverhältnis etabliert ist.
Feedback, Kongruenz & der blinde Fleck:
Keine Frage, Feedback ist wichtig für eine persönliche Weiterentwicklung und ein konstruktives und erfolgreiches Miteinander. Darum ruft auch fast jedes Unternehmen heutzutage eine Feedbackkultur aus. Aber wie wir alle aus eigener Erfahrung wissen, stößt die gewünschte Feedbackkultur auf Grenzen. Wer würde denn zum Beispiel gerne und erfolgreich seinen Chef über dessen persönliches Entwicklungspotential im Hinblick auf Empathie und Sozialkompetenz aufklären? Hier kommen die Hunde ins Spiel und können uns helfen.
Hunde sind sehr aufmerksam. Sie lesen und beobachten den Menschen ständig. Sie reagieren auf menschliche Handlungen und sind dabei stets kongruent, d.h. Ihr Denken, Fühlen und Handeln stehen im Einklang zueinander. Diese Eigenschaften machen den Hund zu einem perfekten Sparrings-Partner für wertfreies und ehrliches Feedback.
Dass der Mensch als Feedbackgeber ohnehin nur bedingt geeignet ist, untermauert eine Harvard Business Review Studie (mehr dazu hier). Die Studie sagt im Kern aus, dass der Mensch sehr gerne Feedback erhält und dabei negatives Feedback bevorzugt. Warum? Negatives Feedback benennt Entwicklungspotential an dem man arbeiten kann um sich zu verbessern. Die Studie deckt aber auch auf, dass der Mensch dieses erwünschte negative Feedback leider nur spärlich erhält. Warum? Der Mensch gibt ohnehin nur ungern Feedback und wenn er sich dazu durchringt, dann gibt er lieber positives als negatives Feedback. Der Grund dafür sind verschiedene, oft auch unterbewusste, Zwänge und Hemmungen. Diese menschlichen Zwänge und Hemmungen haben Hunde nicht. Indem sie uns durch ihre Reaktion auf unser Handeln einen Spiegel vorhalten, beleuchten sie schmerz- und schonungslos unser Verhalten. Dabei decken sie positive wie negative Zustände und Eigenschaften auf.
Gute Führung:
Um eine Gruppe zum Erfolg zu führen braucht es einen souveränen, angemessenen Führungsstil und eine positive Teamkultur. Ganz klar, ohne Regeln zu definieren, den Mut auch zu unbequemen Entscheidungen zu haben, die Richtung vorzugeben und zu motivieren geht es nicht. Das Fundament für gute Führung ist aber zweifelsohne ein gesundes Vertrauensverhältnis. Nur wenn dieses Vertrauensverhältnis aufgebaut ist erreichen Mitarbeiter den Status der “Psychologischen Sicherheit”, den, laut einer Studie von Google (hier), wichtigsten Faktor erfolgreicher Teams. Im Kern bedeutet dieser Status, dass Mitarbeiter glauben, bestimmte Risiken eingehen zu können, ohne dass sie dafür negative Konsequenzen zu befürchten haben.
Aber nicht nur auf der Mensch-Mensch-Ebene, auch auf der Mensch-Hund-Ebene braucht es einen angemessenen Führungsstil. Auch Hunde müssen vertrauen um sich sicher zu fühlen. Nur mit Dominanzverhalten ist man auch beim Hund nicht nachhaltig erfolgreich. Durch seinen sensiblen Charakter eignet sich der Hund also bestens um Menschen im Hinblick auf souveräne Führung weiterzuentwickeln.
Wie findet der Transfer von der Theorie in die Praxis statt?
Wir alle kennen diverse Kommunikationsmodelle aus der Theorie. Sei es das Johari-Fenster mit dem oft zitierten blinden Fleck, die 55-38-7-Regel zur non-verbalen Kommunikation nach Mehrabian oder das 4-Ohren-Modell nach Friedemann Schulz von Thun. Wir alle haben schon davon gehört und können uns mit diesen Modellen anfreunden. Die Crux ist leider nur, dass uns der greifbare Transfer in die Praxis fehlt. Hierbei können uns Hunde als Co-Trainer helfen. Wie? Verschiedene theoretische Modelle werden im Rahmen des Trainings durch praktische Übungen mit dem Hund auf der Mensch-Hund-Ebene greifbar und verständlich gemacht. Im Anschluss werden die Erkenntnisse auf Mensch-Mensch-Ebene und auf den Arbeitsalltag der Teilnehmer transferiert.
Wie läuft ein Trainingstag konkret ab?
Kennenlernen:
Der erste und gleichzeitig extrem wichtige Meilenstein ist das gegenseitige Kennenlernen der Teilnehmer. Bereits hier werden die vierbeinigen Co-Trainer einbezogen, denn sie können bestens dabei unterstützen, eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen. Nur wenn diese vorliegt entwickelt sich eine gesunde Gruppendynamik die ein effektives Arbeiten in der Gruppe zulässt.
Status Quo Ermittlung:
Im Anschluss an das Kennenlernen wird eine Art Bestandsaufnahme durchgeführt. Ziel ist es, den Teilnehmern eine Selbsteinschätzung im Hinblick auf deren Führungskompetenzen zu entlocken und dadurch eine Art Selbstbild zu “zeichnen”. Dafür werden den Teilnehmern zwei Leitfragen gestellt.
1. Wie möchte ich als Führungskraft wahrgenommen werden?
2. Was zeichnet meinen Führungsstil aus und was ist mir dabei wichtig?
Durch die Beantwortung dieser Fragen entsteht ein Selbstbild der Teilnehmer. Dieses kann ab diesem Zeitpunkt durch die Übungen mit den vierbeinigen Co-Trainern “gechallenged” werden.
Praktische Übungen:
Im praktischen Teil führen die Teilnehmer diverse Übungen mit den Co-Trainern durch. Hierbei übernimmt stets ein Teilnehmer den aktiven Part und führt die ausgewählte Übung mit dem Co-Trainer durch. Die anderen Teilnehmer schlüpfen in die Beobachter bzw. Feedbackgeberrolle. Die Übungen können in vier Kategorien unterteilt werden:
Leine – ich führe
Der Teilnehmer stellt seine Führungsqualitäten unter Beweis. Dabei treten verschiedene Fähigkeiten zum Vorschein u.a. Souveränität und Klarheit.
Tabu – ich setze Grenzen
Der Teilnehmer setzt Grenzen und zeigt dadurch u.a. Durchsetzungsvermögen und Kongruenz
Motivation – ich lade ein
Der Teilnehmer agiert als Motivator und zeigt seine Fähigkeiten im Hinblick auf u.a. Kreativität und Spontanität
Abruf – ich entscheide / vertraue
Der Teilnehmer entscheidet, organisiert und bringt dadurch seine Begabung zur u.a. Überzeugungsfähigkeit und Entscheidungsfähigkeit zum Ausdruck
Reflexion und Transfer:
Direkt im Anschluss an die Übung und noch auf dem Trainingsgelände erfolgt eine kurze Reflexion in der Gruppe und erste Beobachtungen werden ausgetauscht. Nach der Rückkehr in den Trainingsraum erfolgt eine ausführliche Reflexion des Videomaterials in der Gruppe. Im Rahmen dieser Gruppendiskussion wird die zu Beginn generierte Selbsteinschätzung einbezogen und ein Abgleich Selbstbild vs. Fremdbild durchgeführt. Dabei entstehen höchst interessante Erkenntnisse im Hinblick auf individuelle Entwicklungspotentiale der einzelnen Teilnehmer.
Seien Sie mutig und probieren Sie es aus
Wir alle schauen oft anerkennend ins Silicon Valley. Der Erfolg und der Mut der dort ansässigen Unternehmen beeindrucken uns. Einer der Hauptgründe ist zweifelsohne die dort gelebte Unternehmens- und Führungskultur.
Anhand der aufgeführten Beispiele Google und Amazon sehen wir, dass Hunde in Unternehmen durchaus einen Wertbeitrag zur erfolgreichen und positiven Unternehmens- und Führungskultur leisten. Warum lassen sich nicht auch Sie vom sechsten Sinn der Hunde dabei helfen eine noch bessere Führungskraft zu werden um so die Unternehmens- und Führungskultur Ihres Unternehmens positiv mitzugestalten?
von Conrad Brech, Coach bei Lorenz-Seminare